Heute widmen wir uns der wahrscheinlich wichtigsten Bildquelle für unsere Darstellung, dem Wolfegger Hausbuch oft auch einfach als „Mittelalterliches Hausbuch“ bezeichnet. Im Gegensatz zu den bisherigen Buchvorstellungen geht es damit um ein historisches Buch, das aber durch mehrere Bücher die wir im folgenden vorstellen werden erschlossen werden kann.
Das Hausbuch, benannt nach seinem langjährigen Aufbewahrungsort Schloss Wolfegg in Oberschwaben, ist schon für sich ein eigentümliches Buch. Es handelt sich weniger um ein llustriertes Buch, als vielmehr um ein Kompendium praktischen Wissens, in dem die Abbildungen eigene Kapitel bilden.
Entstanden ab etwa 1470 hat ein unbekannter in diesem Buch offenbar alles angesammelt, was er für praktisch nützlich hielt. Von Gedächtniskunst über Astrologie, höfische Kultur, Militär und Hüttenwesen bis zu einer ganzen Sammlung verschiedenster Rezepte scheint dabei das Interesse des Sammlers gereicht zu haben. Da die Zutaten der Rezepte oft hebräisch verschlüsselt sind, war das Buch wohl für den privaten Gebrauch vorgesehen.
Zu einem wahren Juwel wird das Buch aber über seine Bilder. Zwei Bildzyklen, zwei ausklappare ABbildungen und eine ganze Reihe eher technischer Zeichnungen sind in dem Werk zu finden, die von mindestens drei Künstlern gestaltet wurden. Der berühmteste ist der Künstler der nur unter dem Notnamen „Meister des Amsterdamer Kabinetts“ oder eben „Meister des Hausbuchs“ bekannt ist. Bei ihm handelt es sich um einen der herausragenden Grafiker vor Dürer und die Technik der Kaltnadelradierung wird ihm ebenso zugeschrieben wie das erste deutsche Doppelportrait.
Aus seiner Hand ist ein Zyklus von Planetenkinderbildern im Hausbuch zu finden, die im Grunde die antiken Götter als Patroner verschiedener Künste und Gewerke zeigt. Diese überaus detaillierten Bilder sind eine wahre Fundgrube für die Sachkultur des späten 15. Jahrhunderts und zeugen von der Meisterschaft ihres Erschaffers.
Kaum weniger Kunstvoll sind die Werke des zweiten prominenten Künstlers, wobei der „Meister der Genreszenen im Hausbuch“ noch mysteriöser ist als der vorgenannte. Zuerst trägt er einen Zyklus vermutlich allegorischer Szenen aus dem höfischen Leben bei. Turnierszenen, lustwandelnde Paare, Jagdszenen, auch dies eine reicher Bilderbogen.
Noch spannender sind aber die Darstellung eines Heerzugs und eines Heerlagers, die auf ausklappbaren Tafel eingefügt sind, wodurch die Szenen geradezu monumental wirken.
Da das Buch sich in Privatbesitz befindet, ist es der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Nachdem es 2008, für angeblich 20 Millionen € verkauft wurde ist nicht einmal mehr sein Aufenthaltsort sicher. Allerdings hat der Käufer sehr gute Scans anfertigen lassen und z.B. bei Wikipedia finden sich alle Abbildungen in herausragender Qualität. Diese haben wir hier auch zur Illustration verwendet.
Wer aber tiefer in die Thematik einsteigen möchte, hat eine ganze Reihe an Möglichkeiten.
„Venus und Mars (München 1997) aus der Feder eines Mitglieds der ehemaligen Besitzerfamilie der Grafen;von Waldegg-Wolfsburg, zeigt nicht nur sämtliche Abbildungen in sehr guter Qualität, sondern erläutert auch den kompletten Inhalt. Leider hat für eine Transskription der Rezepte der Platz gefehlt. Dennoch ein sehr gutes Werk, das gerade in Bezug auf die Abbildungen alle Wünsche erfüllt
„Vom Leben im späten Mittelalter“ (Stuttgart 1985) erscheinen anlässlich einer Ausstellung über den Hausbuchmeister, ist weniger ein Werk über das Hausbuch sondern vielmehr über seinen wichtigsten Künstler und dessen Umfeld. Auch wenn hier alle Abbildungen aus dem Hausbuch zu finden sind, wenngleich in teilweise recht kleinem Format, zeigt der Katalog doch weit mehr. Neben einem großen Teil des bekannten Werkesinklusive Gemälde und Glasmalereien auch das von Künstlern aus dem direkten Umfeld wie Meister BXG. Somit ist der Katalog ein guter Einstieg in die spannende Thematik der frühen Grafik.
„Meister um das „Mittelalterliche Hausbuch“ (Mainz 1994) ist dagegen eine wissenschaftliche Monographie die sich vor allem mit der Frage nach den Künstlern hinter den Bildern beschäftigt. Die These des Autors mit mindestens drei Künstlern sind wir auch in diesem Text gefolgt.
Die Auswahl der Bilder ist nicht so üppig wie im vorangegangenen Band, aber immer noch reichhaltig und sehr detailliert behandelt. Leider kein ganz billiges Buch.
Zuletzt noch zwei Reproduktionen des Hausbuchs, zuerst ein Nachdruck einer Reproduktion von 1887, das den kompletten Text transkribiert bietet und sämtliche Abbildungen. Diese allerdings nach der Vorlage nachgestochen und in schwarz weiß. Da man das diese Werk mit ein wenig Glück aber auch unter 30 € bekommen kann, lohnt es sich ab und an danach zu suchen. Mittelalterliches Hausbuch (Hildesheim 1986)
Erfreulicherweise ist diese Version komplett auf Wikisource einsehbar
Rein der Vollständigkeit halber sei noch das Faksimile erwähnt (München 1997), das wirklich das ganze Buch reproduziert und in seinem Zusammenhang zeigt. Normalerweise zahlt man hier aber jenseits der 500 €. Wir hatten nach lange Suche Glück und haben unsere Ausgabe erheblich günstiger finden können.
Hinweis: Die Links auf Amazon sind wie immer gewerblich und Geschichtsfenster verdient daran.