Lebenshaltung in Frankfurt des Jahres 1475, Teil 4: Bekleidung

Ungefähr die Kleidung die wir uns bei einem Handlungsdiener wie Lutz Gessler vorstellen müssen. Abgesehen vom Hermelinpelz natürlich.

Auch diesen Teil der Serie über Lebenshaltungskosten wollen wir mit der Rechnung des Handlungsdieners Lutz Gessler beginnen, die wir schon im vorangeganenen Artikel untersucht hatten. Der zweite Posten dieser Rechnung von Lutz Gessler betrifft den Posten Kleidung.
Er stellt für seinen Aufenthalt in Nürnberg: 1477 bis 1479 folgende Rechnung:

99 Wochen beim Wirt „gesessen“: 99 fl
Kleidung: 31,75 fl
Wein, Bier, Holz, Badegeld: 18,075 fl
Auswärtige Aufenthalte (5 Wochen): 16,4 fl

Summe: 165,225 fl

Der Posten für Kleidung enthielt dabei: 2 Röcke, 5 Wämser oder Goller, 4 Kappen oder Hüte, 4 Hosen, 30 Paar Schuhe, 1 Paar Stiefel, Zubehör wie Messer, Sporen und Gürtel für insgesamt 31,75 fl rh, im Jahr also etwas unter 16 fl rh, immerhin knapp ein fünftel der gesamten Kosten.
Dabei sprechen wir durchaus von jemandem von dem gute Kleidung erwartet werden kann.

Die Große Ravensburger Handelsgesellschaft für die Gessler in Nürnberg weilt fordert von ihren Lehrknaben und Handlungsdienern bescheidene Kleidung, weil man „ie nit iunckarschafft liden“ will.
Gute „anständige“ Kleidung taucht wird aber regelmäßig gefordert sei es als Voraussetzung für eine Altenpfründe im einem Spital oder um eine Stelle als Handelslehrling anzutreten.

Vergleichen wir den Wert aus der Rechnung Lutz Gesslers mit ein paar konkreten Zahlen:

Einfache Kleidung eines Knechtes oder Ackerbürgers


Tuchbedarf je Kleidungsstück:

Rock für Dienstkleidung, Frankfurt, 15. Jahrhundert: 6 Ellen (3,28 m)
Rock, Schecke: 5-7 Ellen
Wams: 3-4 Ellen
Hose: 1,5-2 Ellen

Hierbei spielt natürlich die Stoffbreite eine große Rolle. Oft wird von recht schmalen Stoffbreiten ausgegangen, die Frankfurter Schneiderordnung von 1520 nennt aber für niederländisches Importtuch eine Breite von 3 Ellen (etwa 1,60 m) und für Tuch aus Mecheln 2,75 Ellen an. Leinen scheint in schmaleren Bahnen hergestellt und gehandelt worden zu sein, hier finden sich Angaben zwischen 92 und 112 cm.

Kosten je Kleidungsstück:

Rock: 3-4,5 fl
Wams: 0,2 bis 0,5 fl
Wams aus teurem Importstoff: 2,8 bis 9 fl
Hosen: 0,63 bis 2,8 fl

Interessanterweise unterscheidet sich die Kleidung für die Patrizier in Tuchbedarf, Tuchart und Kosten kaum von der ihrer eigenen Knechte oder auch mittlerer Handwerker. Zumindest die Alltagskleidung ist also eher betont einfach, was sich mit der Darstellung in etlichen Bildquellen durchaus deckt.
An Stoffen findet man eine gnze Reihe Stoffe, wobei „Importstoff“ teurer war und höheres Ansehen genoß als z.B. das Friedberger Tuch. Leinen wurde in unserem Betrachtungszeitraum langsam vom billigeren Barchent zurückgedrängt, überraschend wenn man bedenkt, das Baumwolle importiert werden musste.
Auch Fell war recht weit verbreitet im städtischen Umfeld aber selbst bei Patriziern im Alltag eher vergleichsweise einfache Sorten wie Mader oder Zobel.
Anders sieht es natürlich bei der Festtagskleidung aus, die für Festlichkeiten angeschafft wurde und auch auf Portraits gezeigt wird. Hier liegen die Kosten schnell über 10 fl für einen Satz Kleidung, wobei die Grenze nach oben offen sind.

Zwei Bürgerinnen in Kirchgangskleidung

Kleiderordungen die immer wieder ausgegeben wurden versuchen die Auswahl der Materialen zu regulieren, wobei die festgestellten Werte deutlich unter den erlaubten Obergrenzen bleiben. Immerhin erlaubt z.B. die Wiener Kleiderordnung von 1450 eine höheren Bürgerin Stoff für 4 fl die Elle, für Männer ist ein fl pro Elle die erlaubte Obergrenze.
Aber vor allem Luxuststoffe wie Atlas und Samt, vor allem aber die Menge des Schmucks werden immer wieder reguliert, wenngleich die Obergrenzen recht hoch erscheinen, wenn eine Handwerkerin Silberschmuck von dreieinhalb Mark (also annähernd ein Kg) und Ringe von 30 fl Wert tragen darf.

Kosten von Festtagskleidung sind nicht so einfach zu finden, bei Hochzeitskleider, also so ziemlich der oberen Grenze finden sich aber Beispiele. Zum Beispiel das einer Augsburger Patrizierin mit 63,5 fl. Wirklich aus dem Rahmen fällt der Wert der Ausstattung einer weiteren Augsburgerin, die 381 fl am Leib trägt. Davon 230,5 fl in Form von Goldschmuck, aber immer noch 150,5 fl für das Kleid aus Damast, Atlas, Samt und Kamelhaar.

Junge Männer in hochmodischer Kleidung. Möglicherweise Angehörige von Patriziergeschlechtern.

Ein wichtiger Punkt sind auch Kleidungsabgaben, die im Grunde zum Kapitel über Löhne gehören würde, wegen der Vergleichbarkeit aber hier aufgeführt werden. Diese waren Bestandteil vieler Dienstverträge.

Städtischer Rechenmeister, Frankfurt, 1454: 6 Ellen Tuch oder 48 Turnosen (4,4 fl)

Älterer Schreiber, Frankfurt, 1454: 12 Ellen Tuch oder 8 fl

Jüngerer Schreiber, Frankfurt, 1454: 8 Ellen oder 5,33 fl
städtischer Fischer, Frankfurt 1504: 6 Ellen Portnertuch sowie eine Lederhose oder dafür 1 fl

Kleidung für einen Lehrling in Freiburg (Rock, Hose, „Wäsche“, Gugel, 4 Paar Schuhe) 2,06-2,2 fl

Die hohen Kosten für das hier ausgegebene Tuch und überhaupt die hohen Kosten für Kleidung sind durchaus erstaunlich. Die Kosten übersteigen oft die für Unterkunft deutlich, werden andererseits aber immer wieder auch durch Kleidungs- oder Stoffgaben abgemildert. Auch dass die Schützen in Frankfurt am Main vom Rat Hosenstoff als Preis gestiftet bekamen, zeigt, das Stoffe recht begehrt und wertvoll waren.
Aber auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Kleidungsstücken z.B. Rock und Wams sind sehr auffällig. Dies ist deutlich auf die Kosten des Stoffes zurückzuführen, die Herstellungskosten können den Unterschied kaum erklären.. Mehr als ein halber Gulden pro Elle und der Umstand das selbst die Oberschicht mit recht wenig Röcken auskommt, die er zudem lange trägt, lässt eine heute kaum bekannte Langlebigkeit der Stoffe annehmen. Es finden sich auch durchaus Quellen, das selbst Patrizier ihre Kleidung reparieren oder sogar neu färben lassen und selbst ein vier Jahre lang getragener Mantel ist es noch wert weiter verschenkt zu werden.
Die besondere Betonung hochwertiger Stoffe findet man auch bei den Zuteilungen in Frankfur. Dort wird recht deutlich zwischen dem Richtertuch für die höheren Stände und dem Portertuch unterschieden, das eben an Türmer Pförtner und ähnliche Dienstknechte ausgegeben wurde.
Auch Kleidung zu Geld zu machen scheint nicht schwer gewesen zu sein. Es findet sich immer wieder verpfändete Kleidung und 1506 verkauft die Stadt Basel die Kleidung eines hingerichteten Schmiedeknechtes immerhin noch für 3,4 fl rh.
Die Farbe schein allgemein keinen sehr großen Einfluss mehr auf die Gesamtkosten gehabt zu haben. Sicher gibt es immer noch Farben die sich im Preis niederschlagen wie die recht begehrte Rotfärbung mit importiertem Rothalz, aber in den Quellen taucht immer nur die Art des Stoffes als Statussymbol auf.

Darstellung eines Bettlers.

Abschließend können wir damit ungefähr folgende Kosten nach soziale Schichten feststellen:

Einfache Ausstattung oberhalb der Armutsgrenze:
10 Ellen Tuch und Leinen, mindestens 4 Paar Schuhe. Aufwand 2-3 fl im Jahr.

Bedarf für mittleres Bürgertum mit repräsentativem Anspruch: 10 bis15 fl im Jahr.

Oberschicht, wie mittleres Bürgertum, zuzüglich Festtagskleidung

Die Kosten für Frauenkleidung taucht in den Quellen leider kaum auf, abgesehen von Extrembeispielen wie den oben genannten Hocheitskleidern. Hausangestellte erhalten zwar immer wieder Kleidung oder auch Stoffe, aber beide Angaben reichen nicht auf die Kosten der jährlichen Ausstattung zu schließen. Vor allem bei den Stoffgaben, die ganz grob im Schnitt bei 10 Ellen Leinen im Jahr liegen, lässt sich nur schwer sagen, was verarbeitet wird und was für eine Aussteuer zurückgelegt wird.

Schuhe:

In der obigen Rechnung Lutz Gesslers sticht die enorme Anzahl an Schuhe ins Auge. Nicht weniger als 30 Paar Schuhe und ein paar Stiefel stellt er in zwei Jahren in Rechnung.
Generell scheint ein Verbrauch von 10 Paar Schuhen im Jahr, bei kosten von 1,5 bis 3,5 fl im Jahr durchaus die Regel gewesen zu sein, wenngleich auch hier Zuteilungen mit dem Lohn immer wieder zu finden sind. Gerade bei Lehrlingsverträgen sind solche Schuhzuteilungen immer wieder zu finden.

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