Der Buchhändler

Marktstand

Der Buchhändler an seinem Marktstand. Am Dach des Standes hängen Holzschnitte und Kupferstiche zum Verkauf.

Will man eine Kulturgeschichte der Medien aufstellen, könnte man die Geschichte anhand der Stoffe unterteilen, die beschrieben werden. Die europäische Antike beginnt mit den frühsten Schriftzeugnissen der Griechen und wird vom Papyrus beherrscht. Das Mittelalter dagegen ist die Zeit des Pergaments und die Neuzeit ist schließlich das Zeitalter des Papiers. Im späten 15. Jahrhundert sind wir genau in der Zeit des Umbruchs und wir bemühen uns mit unserem Buchhändler zu zeigen, wie sehr uns diese Entwicklung bis heute prägt.

 

 

Die Medienrevolution des 15. Jahrhunderts

Keine andere Entwicklung dieser Zeit verändert Europa letztlich stärker als die auf dem Gebiet der Medien. Im Jahr 1390 gründet der Nürnberger Handelsherr Ulman Stromer in Nürnberg die erste deutsche Papiermühle, bis dahin war Papier stets ein teurer Importartikel. Stattdessen wurden das ganze Mittelalter hindurch haltbar gemachte Tierhäute, Pergament, verwendet. Beschrieben wurde dieses Pergament mit Eisengallustinte, die aus Galläpfeln, Eisen und Gummi Arabicum hergestellt wurde.
Mit dem neuen Rohstoff Papier ergaben sich ungeahnte Anwendungsmöglichkeiten. Der Holzdruck, der bereits früher zum Stoffdrucken angewandt wurde, wird in dieser Epoche ebenso aufs Papier übertragen wie der Kupferstich den Goldschmiede verwendet hatten. In den ersten Dekaden des Jahrhunderts bleibt die Hauptanwendung aber noch der Druck von Spielkarten und Heiligenbildern, damit werden aber die Grundlagen für die Entwicklung der Grafik als eigene Kunstform gelegt.
Spätestens seit dem Konzil von Konstanz wächst dann die Nachfrage nach Büchern im Allgemeinen und den griechischen Klassikern im Speziellen. Natürlich findet man im ganzen Mittelalter eine emsige Produktion von Büchern, aber das Kopieren von Hand kann die Nachfrage nicht mehr bedienen. Werkstätten wie die von Diebold Lauber, in der mehrere Kopisten und Buchmaler gleichzeitig an einem Buch arbeiten, werben mit Anzeigen in ihren Büchern für die große Zahl verhältnismäßig schnell lieferbarer Bücher. Dennoch können auch diese Werke kaum die Nachfrage befriedigen. Erste Versuche Bücher zu drucken führen zum sogenannten Blockbuch, bei dem jeweils die gesamte Seite in einen Holzblock geschnitten wurde.

Der Buchhändler in der langen Robe eines gelehrten beim abschreiben eines kurzen Textes. Die Vorlage liegt geöffnet auf dem Buchhater seiner Schreiblade.

Der Buchhändler in der langen Robe eines Gelehrten beim Abschreiben eines kurzen Textes. Die Vorlage liegt geöffnet auf dem Buchhalter seiner Schreiblade. Bild von Günter Ludwig


Erst Johannes Gensfleisch genannt Gutenberg aus Mainz bringt mit seiner Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern die Produktion von Büchern voran. Gutenberg liefert nicht nur den Grundgedanken sondern entwickelt auch Druckerschwärze, die Legierung für die Lettern, Schrifttypen usw. Versuchte er erst, handgeschriebene Bibeln schnell und billig nachzuahmen, zeigen schon seine ersten weltlichen Schriften die Möglichkeiten des neuen Mediums.
Gutenberg selbst zieht sich schon bald aus der Produktion von Büchern zurück, seine Nachfolger sollten aber in den fünfzig Jahren bis zum Ende des Jahrhunderts knapp 100.000 Bücher drucken. Diese Frühdrucke vor dem Jahr 1500 werden heute als Inkunabeln (von lat. incunabula, „Windeln, Wiege, Ursprung“) oder Wiegendrucke bezeichnet.

Die Entstehung des Buchhandels

Schnell wurde aus dem Druckerhandwerk ein Handelszweig, der waghalsige Unternehmer hervorbrachte, die durch Verteilung der Aufgaben im sogenannten Verlagswesen zu den ersten Verlegern wurden. Auf der Frankfurter Messe wurden Bücher ein ständiger Teil des Angebotes und neue Druckereien verbreiteten sich mit rasender Geschwindigkeit über den europäischen Konstinent. Es gab regelrechte Bestseller, die sich in großer Stückzahl verkauften und gerade das städtische Bürgertum wurde ein eifriger Sammler solcher Werke, die aber auch an den Adelshöfen ihre Abnehmer fanden.

Wurden die ersten Drucke noch von klassischen Buchmalern geschmückt, ist die Verbindung mit Holzschnitten und Kupferstichen so naheliegend, dass es nicht lange dauerte, dass das illustrierte Buch enorme Popularität gewinnt. Aber auch handgeschriebene Bücher erleben mit dem Stundenbuch eine letzte Glanzzeit.

Ein kostbares Stundenbuch in der Auslage

Ein kostbares Stundenbuch in der Auslage

Neben teuren Mammutwerken wie Bibeln, illustrierten Erzählungen oder der monumentalen Weltchronik des Hartmann Schedel, erreichten diese neuen Techniken aber auch die kleinen Leute.
Einfache Heiligenbilder, auf Holzbrettchen oder auf die Innenseiten von Möbeltüren und Truhendeckeln geklebt, waren die ersten Bilder in den meisten Haushalten und wurden schnell von größeren Bildern abgelöst. Mit den Genres der Stilleben und Portraits reagieren letztlich auch die Tafelmaler auf diesen Trend. Kupferstiche und Holzschnitte konnte man selbst bei fahrenden Händlern erwerben und Künstler wie Martin Schongauer oder der Meister des Hausbuchs erschufen vielfach kopierte Werke, die in großer Zahl gedruckt und verkauft wurden.

Aber auch bei den Büchern gibt es neben den Prachtwerken einfache, günstige Bücher, teilweise mit einem Umfang von nur wenigen Seiten. Neben Dichtung und Prosa werden aber auch Fachbücher aller Art gedruckt. Zwei Beispiele, die Rechen- und Werkmeisterbücher, stellen wir bei unserer Darstellung des Rechenmeisters vor.
Handschriften des 15. Jahrhundert haben wir in großer Zahl hier und hier verlinkt.

Mittels Holzschnitt gedruckte Heiligenbilder, die koloriert und auf eine Holtafel geklebt wurden, waren mit der erste profane Bilderschmuck in den Haushalten der Mittelschicht.

Unsere Darstellung

Unser Buchhändler, der sich auch mit dem Kolorieren von Holzschnitten etwas hinzuverdient, hat in seinem Angebot alles vom einfachsten kleinen Votivbild bis zum kostbaren Stundenbuch im Seidensamteinband. Sein Stand lädt ein zum Schmökern und Verweilen. Eine Besonderheit dieser Darstellung sind vor allem die Möbel. Im Stand hängt ein prächtiger Hängeschrank, die Bücher werden in einem weiteren Schrank aufbewaht und neben dem Rechentisch findet sich eine Schreiblade mit erstaunlichen Funktionen.
Mit unserer Edition Geschichtsfenster bieten wir sogar einfache günstige „Groschenhefte“ zum Erwerb an.

Literatur und weiterführende Links

Parshall, Peter: Die Anfänge der europäischen Druckgraphik, Nürnberg 2005

Aufsatz des Autors über das Publikum mittelalterlicher Handschriften, Online auf academia.edu

Rothmann, Michael: Die Frankfurter Messen im Mittelalter Univ.; Diss. Frankfurt/Main Stuttgart 1998

Saurma-Jeltsch, Lieselotte: Spätformen mittelalterlicher Buchherstellung Bilderhandschriften aus der Werkstatt Diebold Laubers in Hagenau Wiesbaden 2001

Walther, Ingo F.: Codices illustres: Die schönsten illuminierten Handschriften der Welt, Köln, 2001

Gesamtkatalog der Wiegendrucke: Online

Handschriftencensus: Online

Unsere Sammlung illustrierter Handschriften

Unsere Sammlung illustrierter Frühdrucke

 

Drei Ausgaben der Edition Geschichtsfenster. Einfache gedruckte Bücher, wie sie im späten 15. Jahrhundert in großer Zahl günstig angeboten wurden.