Das große Turnier von St. Wendel

Prächtig ausgestattete Ritter reiten in Formation ein

Einzug einer der beiden Parteien. Rechte bei Oliver Dunsch

 

Aus Anlaß des 500jährigen Jubiläums des Besuchs Kaiser Maximillians in St. Wendel hat sich die Stadt im Saarland entschlossen vom 31. 8. bis 2.9.2012 einTurnier auszurichten. Allerdings wollte man kein Show-Turnier wie sie vielfach veranstaltet werden, sondern man wollte es so exakt wie möglich. Tatsächlich dürfte dies das erste Turnier seit vermutlich mehr als 400 Jahren sein, das mit der richtigen Ausrüstung, den historischen Regeln und massiven Lanzen aus Fichtenhokz statt der üblichen Balsaholzlanzen ausgetragen wurde. Einige der weltweit besten Turnierreiter kamen zusammen und veranstalteten unter Leitung der fürstlichen Hofreitschule Bückeburg eine historische Darstellung bisher unerreichten Ausmaßes.

Über 12.000 Besucher sahen neben den beiden Turnierdisziplinen Tjost und Meleé auch Vorführungen von Kanonen und Handfeuerwaffen, der Jagd mit Falken und Windhunden, Fechtvorführungen, Fahnenschwingern und vielem mehr.

Während der Rüstshow wird Andreas Wenzel gerüstet

Während der Rüstshow wird Andreas Wenzel gerüstet, Rechte bei Sebastian Beielschmidt

Andrej Pfeiffer-Perkuhn von Geschichtsfenster wurde von Arne Koets von der Hofreitschule Bückeburg als Knappe engagiert und kümmerte sich persönlich um einen der Reiter, Andreas Wenzel den einzigen deutschen Teilnehmer. Andreas Wenzel der in England lebt und Mitglied in der renommierten Turniergruppe Destrier ist, ritt im sogenannten Knappenturnier und gewann dieses mit der höchsten Punktzahl alle angetretenen Teilnehmer. Obwohl er im Tjost Pech hatte und nur eine Lanze brach, war er an allen Tagen im Meleé in der Siegermannschaft und erstritt am zweiten Wettkampftag die Damenwertung. Sieger im Ritterturnier wurde der Neuseeländer Joram van Essen, obwohl er sich am letzten Tag an der Hand verletzte. Arne Koets der zugunsten Joram van Essens auf seine Punkte aus der Damenwertung verzichtete, gewann auch durch diese sportliche Verhalten die Auszeichnung für den ritterlichsten Teilnehmer.

Aber auch das restliche Teilnehmerfeld war mit Reitern wie Dr. Tobias Capwell, Kurator an der Wallace Collection in London, Dominic Sewell oder Luke Binks hochkarätig besetzt

Auch das Umfeld war sehr schön gestaltet. Gruppen wie „Eiseinbeißer und Schwartenhals“ oder „Famaleonis“ aus Italien zeigten historische Darstellung auf höchstem Niveau. Durch den Fokus der Veranstaltung gab es natürlich besonders Waffen- und Rüsttechnik zu sehen, unter anderem die beiden voll ausgerüsteten Werkstätten der bekannten Plattner Dr. Peter Müller und Markus Siefert und des Waffenschmiedes Manfred Pany.

dDie Königsdisziplin, das Gestech. Ziel ist es die Lanze am Gegner zu zerbrechen. Die aufgeschnallten Schilde, Tartschen genannt, dienen dabei als Ziel.

Die Königsdisziplin, das Gestech. Ziel ist es die Lanze am Gegner zu zerbrechen. Die aufgeschnallten Schilde, Tartschen genannt, dienen dabei als Ziel. Rechte bei Ralph Orlowski/Getty Images Europe

Neben der Tätigkeit als Knappe moderierte Geschichtsfenster in Zusammenarbeit mit Dr. Peter Müller das Anrüsten der Ritter vor Publikum. Dabei wurde jeweils ein Ritter im Turnier- und einer im Feldharnisch angekleidet und Aufbau und Nutzung einer Rüstung detailliert beschrieben. Dabei wurden falsche Annahmen über Gewicht und Beweglichkeit solcher Rüstungen effktiv und unterhaltsam entkräftet. Die schiere Anzahl der Zuschauer die bei jeder Vorführung über tausend gelegen haben dürfte, war dabei ein großartiges Erlebnis.

Die restliche Zeit war mit den vielfältigsten Arbeiten ausgefüllt. Als Knappe war gehörte die Pflege der Ausrüstung, das rüsten des Ritters, das bereitstellen der Lanzen. Erfrischungen usw. am Kampfplatz sowie die Sorge um Zelt und persönliche Ausrüstung. Auf dem Turnierplatz selbst musst man stets aufpassen, das man Wünsche der Ritter mitbekam deren Helme zum Teil nicht abnehmbar waren und deren Wahrnehmung Ihrer Umwelt sich auf wenige cm Sehschlitz beschränkte. Dazu musste man Lanzen anreichen, entgegennehmen, Splitter aufsammeln und dafür Sorge tragen das stets die richtigen Lanzen zum richtigen Ritter kamen, da diese teils angepasst wurden.

Nach Ende der Veranstaltung musste die mehrere tausend Euro teuren Rüstungen gepflegt werden, wobei es als Vertrauensbeweis angesehen werden kann, das Andreas Wenzel seine Rüstung ohne zu zögern in unsere Hände gab. Das Arbeitspensum lag an keinem der Tage unter 12 Stunde, trotzdem war die Atmosphäre und vor allem das großartige Team eine mehr als ausreichende Entschädigung.

Buhurt

Der Buhurt, der Nahkampf zu Pferde. Mit massiven Holzkeulen und stunpfen Schwertern kämpfen zwei Gruppen von Rittern gegeneinander. Ziel ist es den Gegner direkt hintereinander von unterschiedlichen Seiten zu treffen. Rechte bei Oliver Dunsch.

Man kann der Stadt St. Wendel, dem Stadtmuseum und er Hofreitschule Bückeburg nur zu dieser großartigen Veranstaltung gratulieren. Unser Dank gilt Herrn Arne Koets, der uns zu diesem Ereignisn eingeladen hat und Herr Andreas Wenzel für die großartige Zusammenarbeit. Es bleibt zu hoffen, dass diese wunderbare Veranstaltung Schule macht und auch andere sich gegen halbgares Mittelalterspektakel und für eine hochwertige  Verbindung von Unterhaltung und Historie entscheiden.

Sehr erfreulich war das große Presseecho. das ich unter anderem in zwei guten Fernsehbeiträgen ausdrückte:

Dokumentation bei Servus TV

Beitrag der Luxembrugischen Wort.lu

Und schließlich ein wundervoller Appetithappen von Kaos Historical Media, die hochinteressante Aufnahmen gemacht haben, indem sie Turnierplatz, Lamzem und Reiter mir kleinen Kameras gespickt haben:

 

Außerdem gibt es mehrere gute Galerien:

Zimbio.com Ralph Orlowski/Getty Images Europe

Oliver Dunsch auf Facebook

Galerie auf Picasaweb

Thetten1320.de, ein Mitdarsteller in St. Wendel

Außerdem noch ein Interview mit Andreas Wenzel auf The Jousting Life

eNDE

Rechte bei Ralph Orlowski/Getty Images Europe